Leistungsmotivation

Leistungsmotivation – Warum viel nicht immer gut ist

Ein stark ausgeprägtes Leistungsmotiv verspricht auf den ersten Blick positiv zu sein, bei einer zu starken Ausprägung werden aber viele Nachteile deutlich. Dieses Dilemma möchte ich im Folgenden kurz erläutern.

Das Leistungsmotiv ist eine zu Grunde liegende Persönlichkeitseigenschaft, die stabil über die Lebenszeit ist und entweder mehr oder weniger stark ausgeprägt vorkommt. Durch Personalentwicklungsmaßnahmen oder Persönlichkeitstrainings lässt sich diese Eigenschaft eher nicht verändern.

Ein sehr hohes Leistungsmotiv zeigt sich folgendermaßen:

Personen mit einem hohen Leistungsmotiv

  • beziehen ihre Motivation aus erbrachter Leistung.
  • mögen den Wettbewerb und lieben es ihre Leistung immer wieder unter Beweis zu stellen und zu übertreffen.
  • wollen Aufgaben oder Projekte besser oder am besten machen und stellen enorme Anforderungen an die eigene Leistung.
  • nehmen auch überdurchschnittliche Anstrengungen auf sich, um zu erreichen, was sie sich vorgenommen haben.
  • sind oft nur kurzzeitig mit ihren Ergebnissen zufrieden, streben dann aber laufend nach mehr.
  • arbeiten oft bis an ihre Belastungsgrenzen und darüber hinaus.

 

Der größte Vorteil eines stark ausgeprägten Leistungsmotivs ist also die Bereitschaft viel Energie aufzuwenden und sich für Aufgaben oder den Erfolg von Aufgaben anzustrengen. Man ist bereit für berufliche Erfolge zu arbeiten. Mitarbeiter mit hohem Leistungsmotiv sind also engagiert bei der Sache. Jetzt könnte man erstmal meinen, hier gelte „viel hilft viel“.

Entgegen dieser spontanen Eingebung, dass mehr besser sei, überwiegen jedoch häufig die Nachteile bei sehr starker Ausprägung der Leistungsmotivation.

Menschen mit einem ausgeprägten Leistungsmotiv

  • arbeiten zwar viel und möchten viel erreichen, unter Umständen arbeiten sie jedoch bis zum krankheitsbedingten Ausfall.
  • haben das Gefühl, nie genug geleistet zu haben.
  • haben ein sehr hohes Bedürfnis nach Anerkennung und Lob. Was oft zu immerwährender Unzufriedenheit führt, die zusammen mit niedrigen Kompetenzen in Emotionsregulation und Selbstwahrnehmung die Gefahr der Überarbeitung und Erschöpfung birgt.
  • sind oft in einem Kontext aufgewachsen, in dem ihr Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung weniger Beachtung gefunden hat. Dadurch bekommt dieses Bedürfnis oft für den Rest des Lebens eine übergroße Rolle und diesem wird vieles untergeordnet. Diese Menschen versuchen also ihr Leben lang ein erhöhtes Maß Anerkennung zu erlangen. Ein weiteres immer wieder zu beobachtendes Phänomen ist, dass sie die Wertschätzung und Anerkennung, die sie schon bekommen, ohne sich dafür übermäßig ins Zeug zu legen, gar nicht richtig wahrnehmen.
  • arbeiten lieber alleine und unabhängig von anderen. Daher haben sie auch weniger Netzwerke und nehmen ungern Feedback oder Hilfe an.
  • delegieren auch nicht gerne Aufgaben, weil sie keine Verantwortung abgeben möchten und überzeugt sind, dass sie selbst die beste Ergebnis erzielen können.
  • sind oft risikoavers. Sie haben mehr Angst Neues ausprobieren als andere und haben mehr Angst vor dem eigenen Versagen.

 

Ein extrem ausgeprägtes Leistungsmotiv hat also leider auch eine ziemlich dunkle Schattenseite. Gerade in Führungspositionen ist es besonders hinderlich. Personen mit extremen Leistungsmotiv sind in Führungspositionen weniger erfolgreich, da Eigenverantwortung und Commitment ihrer Mitarbeiter durch ihr Verhalten geschwächt wird. Durch die Neigung alles alleine machen zu wollen, werden Kompetenzen in zwischenmenschlichen Belangen vernachlässigt und die Personen sind weniger sensitiv im Umgang mit anderen. Da hoch leistungsmotivierte Personen sich vor Risiken scheuen, fällt es ihnen weniger leicht, Entscheidungen zu treffen. Eine hohe Entscheidungskompetenz ist in Führungspositionen jedoch enorm wichtig.

Aus eignungsdiagnostischer Sicht ist immer genau zu klären, ob ein hohes Leistungsmotiv auf einem (über-)starken Bedürfnis nach Anerkennung beruht oder nicht.

 

 

Quellen:

Collins, C. J., Hangers, P. J. & Locke, E. A. (2004). The relation of achievement motivation to entrepreneurial behavior: A meta-analysis. Human Performance, 17, 95 – 117.

Heckhausen, H. (1963). Hoffnung und Furcht in der Leistungsmotivation. Meisenheim: Hain.

Krug, S. & Kuhl, U. (2006). Macht, Leistung, Freundschaft. Stuttgart: Kohlhammer.

McClelland, D. C., & Boyatzis, R. E. (1982). Leadership motive pattern and long-term success in management. Journal of Applied psychology, 67(6), 737.

McClelland, D. C., & Burnham, D. H. (2003). Power is the great motivator. Harvard business review, 81(1), 117-126.

Sarges, W. (2013). Management-Diagnostik. Hogrefe Verlag.

Winter, D. G. (1991). A motivational model of leadership: Predicting long-term management success from TAT measures of power motivation and responsibility. Leadership Quarterly, 2, 67 – 80.

Bild © sharpshutter/shutterstock​